Über den Marien- und Gaisalmsteig entlang des Achensee-Westufers
Die Eier sind klein, aber von unseren eigenen Hühnern“, erklärt die Wirtin, als sie uns das Frühstück so richtig sonntäglich werden lässt.
Die Hennen haben ihren Platz hinter dem Haus. Die Kühe stehen ein Stück weiter entfernt. Klar, dass in den Frühstückskakao nur ganz frische Milch kommt. Selbst der Frischkäse und die Butter sind hausgemacht. Ganz zu schweigen von den vier Marmeladen in den bauchigen Gläsern, dem köstlich duftenden Speck und dem Brot, das wohl erst Minuten vorher fertiggebacken war. – Perfekt!
Dabei ist es reiner Zufall, dass wir hier sind. Unsere zweitbeste Wahl. Bei der ersten hatte niemand das Telefonklingeln beantwortet: Am Abend zuvor hatten wir nach einer Bergtour durch das Rofan plitschnass vor der Touristinfo gestanden. An einem Terminal leuchteten kleine rote und grüne Dioden. Zeigten an, wo auf die Schnelle noch eine Unterkunft zu finden sei. Links eingehängt ein Telefonhörer für kostenlose Touristen-Anrufe.
Ganz pragmatisch hatten wir uns für ein grünes Lämpchen entschieden, das besonders nah war. Planquadrat herausgesucht, Telefonhörer genommen, „Wählen“ gedrückt. Nach kaum fünf Sekunden war die Wirtin am anderen Ende der Leitung. Keine zehn Minuten später standen wir vor ihrer Haustür, keine zwanzig Minuten später unter der warmen Dusche.
„Wenn ihr schnell am See sein wollt, geht vorne links“, sagt die Wirtin bei der Verabschiedung. Wir gehen rechts. Wählen den längeren, aber ruhigeren Weg. Die Häuser von Maurach liegen bald hinter, der Achensee vor uns.
Auf dem Uferweg geht es nach Pertisau. Dort wird mit ganz viel Holz gerade die Uferpromenade erneuert. Etwas höhere Temperaturen – und ich würde alles baumeln lassen: Die Beine im Wasser, die Seele einfach so.
Vor einigen Wochen schon war ich kurz im Ort. Damals spuckten Busse ihre Rentnerladungen aus. Beigefarbene Senioren. Heute sind hier deutlich mehr jüngere Leute unterwegs. Viele mit Kindern. Wir sind mitten in den Schulferien. Bunter sind alle gekleidet. Auch die älteren Semester.
Jedem sein Meer!
Nördlich von Pertisau beginnt der Mariensteig. In einem ganz leichten Auf und Ab immer am Ufer des Achensee entlang. Mal braucht man nur die Hand auszustrecken, um das Wasser zu fühlen, mal läuft man zehn oder auch zwanzig Meter über der in der Sonne glitzernden Oberfläche.
Der Achensee wird gerne auch „Tiroler Fjord“ genannt. Mich erinnert er hier, an seiner Westseite, eher an die Costa Brava. Ähnlich steil und wild die ins Wasser ragenden Felsen mit Kiefern darauf. Das Wasser türkis. Nur das Gras ist hier zu grün, als dass wir weiter im Süden sein könnten.
Schöner laufen
Immer wieder kommen uns Jogger entgegen. Besser müsste ich wahrscheinlich „Trailrunner“ sagen. Egal wie, jedenfalls sind es einige, die an uns vorbeiflitzen. Wahrscheinlich trainieren sie schon für den Achenseelauf, der Anfang September stattfindet. Wie es heißt, eine anspruchsvolle Crosstrecke auf Österreichs schönstem Panorama-Trail. Inwiefern genießen Trailrunner die Landschaft? Wo die Besten die gut 23 Kilometer um den Achensee in rund 80 Minuten laufen?
Nach etwa zwei Kilometern ragt ein Holzsteg ins Wasser. Wie für unsere Mittagspause gemacht. Eine Kurve weiter dann die Gaisalm. Dort geht der Mariensteig in den Gaisalmsteig über und führt auch am höchsten über den See hinauf. Rund 80 Meter. Gut gestuft. Überall entlang des Wegs kleinere und größere Wasserfälle. Nach dem starken Regen vom Vortag fließt hier heute einiges dem See entgegen.
Der Gaisalmsteig endet an der Nordspitze des Achensees. Wir spazieren noch ein gutes Stück weiter durch die ruhigen Straßen, vorbei an den bunt und schwer mit Geranien beladenen Balkonen, durch die duftenden Sommerwiesen. – Das ist ein Sonntagsgefühl!
Drei Tipps:
Entlang des westlichen Ufers von der Süd- zur Nordspitze sind offiziell ca. 2,5 bis 3 Stunden einzuplanen. Bring jedoch mehr Zeit mit. Gerade an Sommerwochenenden kann es auf dem schmalen Steig eng werden. Insbesondere der südliche Teil (Mariensteig) ist stark frequentiert. Regelmäßiges Stehenbleiben und Vorbeilassen solltest Du einplanen.
Lass das Fahrrad stehen – auch, wenn der Weg verlockend aussieht: Marien- und Gaisalmsteig sind reine Fußwege.
Nimm Badesachen mit! Es gibt einige gut zugängliche Stellen, die sich perfekt eignen für einen Sprung ins Wasser.