Das Wissenschaftsmuseum in Trient – Eine Hommage an die Berge
Ich sag’s, wie’s ist: Kaum hatte ich das erste Mal vom MUSE gehört, kaum hatte ich das erste Bild gesehen, war ich fasziniert. Wollte es mit eigenen Augen abtasten.
Denn für meine Begriffe gibt’s das nach wie vor viel zu selten: Ein toller Museumsbau als Hülle, eine zeitgemäße naturwissenschaftliche Ausstellung im Inneren. Einzig das sehenswerte Haus der Berge in Berchtesgaden, das grob in diese Kategorie passt, fiel mir spontan ein. In München eher: Fehlanzeige, so richtig warm geworden bin ich bisher mit weder mit dem Museum Mensch und Natur im Nymphenburger Schloss. Noch mit dem Deutschen Museum auf der Museumsinsel.
Licht-durchflutet statt Bunker-dunkel
Viele Museums-Ausstellungen sind noch heute eingequetscht in schöne, aber eben alte Bauten. Gerade kleinteilige naturwissenschaftliche Sammlungen wirken da schnell mal angestaubt und antiquiert. Nicht zeitgemäße Formen der Wissensvermittlung tun ihr übriges dazu – viele Texte, keine Interaktion. Das ist schnell schwer und mühsam.
Vielleicht hat es auch was mit dem von Generation zu Generation weitergegebenen (Miss-)Verständnis zu tun. Nämlich dem, dass ein schöner Tag viel zu schade für einen Museumsbesuch sei. Man geht bei Regenwetter ins Museum. Dass es regnet, ist bald egal, denn große, dicke Mauern mit kleinen, oft abgedunkelten Fenstern lassen uns unsere Umgebung vergessen. Schwierig wird’s in solch dunklen Museumsbunkern erst, einen Tag für den Besuch zu „opfern“, wenn’s draußen schön ist.
Womit ich beim MUSE wäre. Tatsächlich lässt sich dort wunderbar Zeit verbringen. Denn das MUSE in Trient, gebaut auf einer Industrie-Brache zwischen Etsch und Innenstadt, ist 2013 eröffnet worden und entspricht so modernsten Wünschen an ein Museum. Architektonisch austoben durfte sich dabei Renzo Piano, von dem beispielsweise auch die Fondation Beyeler bei Basel und das Centre Pompidou in Paris stammen. Bei den von ihm entworfenen Gebäuden geht es immer darum, das Licht zu beleben, die Integration in die Natur zu ermöglichen und das Umfeld zu respektieren.
Herausgekommen ist in Trient ein lichtdurchflutetes Gebäude, das sich mit seinen fünf Ausstellungsebenen ohne Bruch an die nebenliegende Wohn- und Bürobebauung des hypermodernen – und derzeit viel zu leerstehenden – Viertels „Le Albere“ anschließt. Das MUSE ist ein wirklicher Hingucker: Wände und Dächer sind in allen erdenklichen Winkeln aufgestellt. Und tatsächlich erinnert das Gebäude damit an die umliegenden Berge und lässt schier endlose faszinierende Blick-Beziehungen zwischen Architektur und umgebender Natur zu.
Die inneren Werte
So weit zu den Äußerlichkeiten. Und wie sieht’s im Museum selbst aus? Mag sein, dass das Konzept auf den ersten Blick etwas verkopft scheint. Aber letztlich ist es so wunderbar logisch wie einfach: In der Mitte befindet sich ein offener Innenraum. Er ist die vertikale Achse des Museums. Auf den Galerien um diesen Innenraum herum dreht sich alles um die Berge im Trentino. Um die Dolomiten. Um die italienischen Alpen. Um die dortige Tier- und Pflanzenwelt. Um Prähistorie. Um Gletscherschmelze und vieles mehr. Passend dazu schweben die unterschiedlichsten Tiere auf den verschiedenen Etagen und zeigen an, wer auf welcher Höhenstufe in den Natur, draußen vor der Tür, seinen Platz hat.
Wenn Synapsen Samba tanzen
In die Tiefe des Museums hinein, also in der jeweiligen Horizontalen, werden einzelne Aspekte an Themen-Tischen vertieft. So kommt es, dass man sich plötzlich auch zu Eiskernbohrungen in der Antarktis oder zur weltweiten Ernährung informieren kann. Denn ja: Alles hängt mit allem zusammen.
Man kann sich einfach durch die Etagen treiben lassen. Sich an den Themen-Tischen mithilfe von Tablets in viele Details vertiefen. Daher: Wer einen vorgegebenen roten Faden für den Museumsbesuch sucht, der wird sich eventuell etwas schwer tun. Wer aber das Museum als Ganzes auf sich wirken lässt, sich auf die netzartige Verbindung aller Themen einlässt und dann einzelne für ihn interessantesten Teilbereiche herauspickt, der entdeckt ganz viel Neues. So dass die Synapsen Samba tanzen.
Pause am Garten
Nach zwei Stunden braucht’s erst mal ne Pause? – Kein Problem. Entweder kann man auf dem Museumsdach frische Luft schnappen; man geht ins Museums-Café; oder raus auf die große Wiese, an der mehrere kleine Forschungs-Gärten angelegt sind. Einfach nur den Stempel am Ausgang auf die Hand drücken lassen und schon kommt man später wieder rein.
Gut zu wissen
Am besten für den Besuch viel Zeit lassen. Zu spannend sind die Themen, als dass man hier hindurchhetzen möchte. Zwei Stunden sind eher knapp bemessen, besser ist ein halber Tag. Wer’s einrichten kann und besonders interessiert ist – auch ein ganzer Tag lässt sich sicher gut im Museum verbringen. Das Museum funktioniert komplett dreisprachig (italienisch, englisch, deutsch) und ist daher auch für Touristen sehr lohnenswert.
Das MUSE ist nicht nur Museum, sondern gleichzeitig Forschungseinrichtung; beide Bereiche gehen fließend ineinander über. So können Besucher auch einen Blick in die Open Labs richten und den Forschern bei der Arbeit zusehen.
Wo?: In Trient/Trento, der Hauptstadt des Trentino.
Wie hinkommen?: Mit dem Auto – zum Beispiel auf dem Weg zum Gardasee. Oder mit der Bahn – regelmäßige, durchgehende Verbindungen ab München.
Öffnungszeiten: Montag geschlossen. Alle anderen Tage ab 10 Uhr, abends mindestens bis 18 Uhr.
Für Kinder geeignet?: Ja, unbedingt. Es gibt einige Bereiche, in denen die Kinder spielerisch an verschiedene Themen herangeführt werden.
Beste Besuchszeit: Es dürfte immer mehr oder minder voll sein im MUSE. Die Besuchszahlen übertrafen in den ersten beiden Jahren grandios die Erwartungen. Am Wochenende sind viele Familien zu Besuch, unter der Woche Schulklassen.
Weitere Informationen: www.muse.it
Warst du schon mal im MUSE? Oder kannst du ein anderes tollen Museum in den Alpen empfehlen, das durch seine Architektur auffällt? – Schreib doch einen kurzen Kommentar!
Transparenzhinweis: Das MUSE habe ich während einer Pressereise von Trentino Marketing kennengelernt.