Ein Chiemgau-Klassiker
Ob denn die Kampenwand so was wie „Der Hausberg der Münchner“ sei?, wurde ich auf dem Abstieg vom Gipfel gefragt. – Hmmh … eher für die Rosenheimer und überhaupt für die Chiemgauer.
Für die Münchner würde ich mich da ja weniger festlegen wollen. Da kommt es, so überlegte ich gemeinsam mit einer Freundin weiter, eher drauf an, wo man in der Stadt wohnt: Die einen sind lieber Richtung Ammergauer Alpen unterwegs, die anderen zum Brauneck und zur Benediktenwand. Klar, an der Kampenwand ist man auch recht zügig. Doch wenn ich nur einen Münchner Hausberg nennen dürfte, würde meine Wahl wohl spontan auf die Rotwand fallen.
Aber zurück zur Kampenwand: Natürlich zählt sie zu den ganz klassischen Wanderzielen rund um München. Daher ist sie, wenn auch nicht der Münchner Hausberg, so doch einer von ihnen. Sie ist damit auch in den diversen Münchner-Hausberge-Publikationen zu finden, allen voran im Klassiker „Münchner Hausberge“, den Michael Pause von seinem Vater Walter fortgeführt hat.
Das besonders Schöne an einer Wanderung auf die Kampenwand sind die zwei Gesichter dieses Ausflugs: Zunächst geht es nahezu unspektakulär durch Wald und später kurz über Wiesen bis zur Steinling-Alm. Dort ändert sich das Terrain abrupt – Die letzten 200 Höhenmeter bis zum östlichen Kampenwandgipfel sind felsig und durchaus steil. Der Weg führt auf diesen Schlussmetern überraschend spektakulär durch die sogenannten Kaisersäle, zwängt sich hier und da zwischen Felsen eingeengt hindurch. Oben dann ein für meine Begriffe völlig überdimensioniertes Gipfelkreuz. Und ein wunderbarer 360-Grad-Blick in die Voralpen und auf den Chiemsee.
Fazit: Die Kampenwand ist einer dieser idealen Berge, den man jedem vorschlagen kann, der ein bisschen Höhenluft schnuppern mag. Wer partout nicht laufen kann oder möchte, kann mit der Bergbahn bis in die Nähe der Almhütte gondeln. Der Gipfelanstieg eignet sich für alle hervorragend, die das erste Mal und ganz vorsichtig auf Tuchfühlung mit Fels gehen wollen. Wem’s dann doch zu viel wird, der kann jederzeit wieder umkehren und auf der Steinling-Alm schon mal was zu trinken bestellen.
Der Fairness halber muss gesagt werden: Nicht zuletzt durch die leichte Erreichbarkeit dank Bergbahn wird es an schönen Tagen an der Kampenwand schnell voll. Verdammt voll. Wer damit ein Problem hat, hat vier Möglichkeiten. Entweder tief durchatmen und daran denken, dass alle nur das gleiche wollen – ein paar schöne, erholsame Stunden in der Natur. Oder einfach deutlich zeitiger als die Bergbahn-Wanderer zum Gipfel aufbrechen. Dann ließe sich auch noch auf die jährliche Revisionszeit der Bahn, im März/April und November/Dezember, ausweichen. Die vierte Möglichkeit ist, der Kampenwand auf immer und ewig fern bleiben. – Was aber wirklich die schlechteste aller Entscheidungen ist!
Gut zu wissen
Aufstieg: Günstig von Norden her ab dem Parkplatz Aigen. Der Weg durch den Wald lässt sich wunderbar zum Ratschen verwenden – Ausblick gibt’s hier die erste Stunde nicht. Erst auf etwa 1300 Metern führt der Weg aus dem Wald auf offene Wiesen. Von hier aus lässt sich auch leicht der Kampenwandgipfel mit seinem mächtigen Kreuz finden. Der Weg ab der Steinlingalm ist nicht markiert. Allerdings auch nicht zu verfehlen …
Schwierigkeit: Bis zur Steinlingalm leicht und auch für Gelegenheits-Wanderer gut zu gehen. Oberhalb der Steinlingalm ist es letztlich ein etwas schwererer Weg. Trittsicherheit muss mitgebracht werden, hier und da werden die meisten auch mal kurz die Hände zum Ausbalancieren zur Hilfe nehmen. Achtung: Von den Abertausenden Gipfelaspiranten ist der Fels an vielen Stellen mächtig abgewetzt, speckig und glatt. – Aufpassen vor allem im Herbst, wenn noch sich niederschlagende Luftfeuchtigkeit dazu kommt. Kurz unter dem Gipfel gibt es ein seilversichertes Stück „um eine Ecke“ – dort auf Gegenverkehr achten und ggf. erst mal durchlassen.
Trivia: Das Kampenwand-Gipfelkreuz gilt mit seinen beeindruckenden zwölf Metern Höhe als das höchste Bergkreuz in den Bayerischen Alpen.
Länge: Ab dem Parkplatz bis zum Gipfel etwa 2 bis 2,5 Stunden. Selbst, wer also spät startet, kann beim Abstieg noch ganz gemütlich in der Hütte einkehren.
Einkehr nach der Wanderung: Ein Stopp in den Gschwendtner Stubn ist unbedingt zu empfehlen. Vom Parkplatz Aigen zwei Minuten mit dem Auto hinunter, an der Weggabelung in Hintergschwendt nach links abbiegen. So unscheinbar das Restaurant von außen scheint, so hervorragend haben wir das Essen erlebt. Unter anderem verschiedene Fischgerichte, im Herbst wunderbares Reh … und leckere Desserts. – Einfach ein bisschen mehr Zeit mitbringen für einen gemütlichen Abend. (Nebenan lässt sich auch übernachten.)
Zum Weiterlesen: Der Frage, was einen Hausberg eigentlich zu einem Hausberg macht, geht Andreas auf Gipfelfieber nach. Vor einiger Zeit ist er aus München aufs Land gezogen. Genauer gesagt ins Chiemgau, nach Sachrang, wo er, wie’s scheint, auf Anhieb eine ganz besondere (Hausberg-)Bindung zum Spitzstein eingegangen ist.
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