Wunderbare Aussicht vom Disibodenberg.

Zwei Tage an der Nahe plus ein Abstecher

Es ist Montag, kurz vor Mittag am Disibodenberg. Ein Frühlingstag, der sich bereits sommerlich gibt.  

Etwas abseits röhrt ein Rasenmäher. Ein älteres Pärchen, das wohl zu dem Camper auf dem Parkplatz gehört, ist an einem der Holztische mit seiner Brotzeit zu Gange. Ansonsten ist es still und leer im halbschattigen Hof vor dem kleinen Klostermuseum. 

Meine digitale Landkarte hatte mich daran erinnert, dass wir hier, nur einen Steinwurf von der Nahe entfernt, die Ruinen des Klosters besichtigen könnten, in dem jene Frau einige Jahre lebte, die später als Hildegard von Bingen berühmt wurde.

Frauen auf dem Disibodenberg

Anfang des 12. Jahrhunderts, im Alter von acht Jahren, war Hildegard zu ihrer Lehrmeisterin Jutta von Sponheim geschickt worden; mit ihr zusammen kam Hildegard 1112 auf dem Disibodenberg an und sollte viele Jahre bleiben. 

Hildegard von Bingen war auf vielen Gebieten talentiert – von der Theologie und Musik, über die Natur- und Heilkunde bis hin zur Medizin. Später suchten Könige und andere Mächtige bei ihr Rat und auch Trost. Hildegard gilt seither nicht nur als eine der berühmtesten Frauen des deutschen Mittelalters, sondern auch als eine der einflussreichsten.  

Ich falte einen Fünf-Euro-Schein, stecke ihn in den kleinen, vertrauensvoll auf Ehrlichkeit setzenden Bezahlschlitz und gehe durch das Drehkreuz. Zwischen eingezäunten Wiesen führt eine kleine Baumallee den Berg hinauf. 

Schon bald blitzen die ersten Mauerreste durch die üppig-grünen Bäume hindurch – hier ein Abteigiebel, da die hohen Mauern des Hospizes, immer wieder efeu-umrankt, nie überwuchert. Benediktinermönche hatten hier 1108 zunächst ein Männerkloster gegründet; für Jutta, Hildegard und eine dritte Mit-Schwester richteten sie wenige Jahre später eine Frauenklause ein. 

Lange, nachdem das Kloster Geschichte war und daraufhin verfiel, wurde es von den Menschen aus den umliegenden Ortschaften als Steinbruch verwendet. Mitte des 19. Jahrhunderts dann entschied sich der damalige Eigentümer des Disibodenbergs, die verbliebene Klosterruine in einen Landschaftspark nach englischem Vorbild umgestalten zu lassen. 

So kann man heute einem ausgeschilderten Rundweg folgen. Oder aber man erkundet den Park auf schmalen Pfaden ganz nach eigenem Gusto. 

Stiller Zauber

Eine Stunde lang verliere ich mich zwischen den Überbleibseln des Klosters. Ich versuche, mir vorzustellen, wie das Leben hier oben ausgesehen haben mag. Auch begebe ich mich auf den verschlungenen Weg des kleinen Labyrinths, das etwas abseits, außerhalb der einstigen Klostermauern angelegt ist. Später, an einer alten, knorrigen Eiche sitzt ein Mann mit seinem schwarzen Hund im Gras und schaut in die Landschaft. Wir grüßen uns mit einem freundlichen Kopfnicken, sein Hund beobachtet mich still mit wachen Augen. 

Der Platz an der Eiche erscheint geradezu logisch, um sich eine Weile zu setzen, die Augen zu schließen oder auch nicht. Nur allzu gerne würde ich es dem Mann gleichtun, mich ebenfalls unter den Baum setzen, doch das würde diesem Moment am Disibodenberg wohl den stillen Zauber nehmen. 

Ich mache meinen Frieden. Meinen frühen Frieden mit unserer kleinen Radtour entlang der Nahe. Die Stunde auf dem Disibodenberg wird mir als einer der schönsten Momente dieser zwei Rad-Tage in Erinnerung bleiben. 

Weitere Informationen 

Eine Stiftung erhält und pflegt die Klosterruine Disibodenberg, wohin man vom Naheradweg auf einem kurzen Abstecher über eine heute als Draisinenweg genutzte Brücke gelangt.

Der Naheradweg verläuft über etwa 130 Kilometer von der Nahe-Quelle bis nach Bingen, wo der Fluss in den Rhein mündet. Wir sind in Kronweiler in den Weg eingestiegen. Unser Resümee ist durchwachsen: es geht über lange Strecken immer wieder an der Straße entlang, was sich aber in einem engen Tal kaum vermeiden lässt. Schon viele kleine Optimierungen könnten den Weg attraktiver werden lassen: bessere Ausschilderungen, Renovierung wurzelgehobener Passagen; abgesenkte Bordsteine an wichtigen Übergängen und Einmündungen; Hinweise auf sehenswerte Ortszentren, statt mitunter einfach vorbeigeführt zu werden –insgesamt ruft der Weg nach einem kritischen Blick und Korrektur durch Radel-Erfahrene. Wegcharakter: insgesamt recht eben, was nicht darüber hinwegtäuschen sollte, dass es natürlich immer wieder auch kurze, steile Rampen gibt. 

Hin und weg zum Radeln: Sehr guter öffentlicher Anschluss des Naheradwegs. Entlang der Nahe verläuft –  bis Kronweiler – eine Regionalbahnstrecke. Um zur Quelle zu gelangen, fährt man mit dem Zug noch ein Stück weiter, beispielsweise bis Türkismühle, um von dort knapp 10 Kilometer zum eigentlichen Tourstart zu radeln. 

Übernachtungstipp: wunderbar schlafen und einkehren zwischen Weinbergen lässt sich in Weiler bei Monzingen im Schmidtbauer Hof. Nach einem ausgiebigen Frühstück geht es durch die Weinberge wieder hinunter zur Nahe.    

Kurz kostenlos kuren: Zwischen Bad Münster und Bad Kreuznach kommt man im Saliental ganz automatisch an mehreren, jeweils neun Meter hohen Gradierwerken vorbei. Zusammengenommen mehr als einen Kilometer lang sind die gewaltigen Heckenwände, über die beidseitig das Salzwasser hinabrieselt. Erfrischung finden die Atemwege außerdem am historischen Solezerstäuber im Kurpark.  

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