Eine Nacht auf dem Wildseeloderhaus
Irgendwann Anfang des Sommers hatte ich auf Instagram ein Foto gesehen: Eingekesselt zwischen Bergen ein kleiner Karsee. Direkt dahinter eine Hütte. Dahinter wiederum, so war auf dem Bild zu erahnen, müsste es recht weit ins Tal hinunter gehen. Im Bildhintergrund türmten sich wiederum – ungleich höhere und schroffere – Berge auf. Auf meine Frage, wo denn dieses Bild entstanden sei, erfuhr ich, dass es sich bei der Hütte um das Wildseeloderhaus in den Kitzbühler Alpen handele.
„Wie schön“, dachte ich mir und vergaß den Namen der Hütte in den nächsten Tagen wieder. – Bis ich einige Wochen später Hütten recherchierte. Die Hütte, die wir suchten, sollte vor allem zwei Ansprüchen gerecht werden: Sie sollte nicht allzu weit weg von München sein, so dass die Anreise auch für nur eine Nacht in Ordnung ginge. Und der Weg sollte nicht zu lang sein; Hütte und Ausflug also eher in die Kategorie „Genusstour“ fallen.
Mein scannender Blick glitt über diverse Wanderkarten. Und da tauchte der Name wieder auf: Wildseeloderhaus.
Verheißung oder Drohung?
Um ganz offen zu sein: Hätte ich, bevor wir die Übernachtung festgemacht haben, den Beinamen des Wildseeloder gelesen, ich wäre sicher auf einen anderen Berg, in eine andere schöne Hütte gegangen. Denn „Der Alleskönnerberg“ klingt in meinen Ohren – nach wie vor – eher nach einer Drohung statt nach einer Verheißung. Vor meinem geistigen Auge sah ich uns schon inmitten absurdester Menschenmassen auf den Berg gondeln. Denn der Aufstieg durch das Skigebiet von Fieberbrunn schien in der Karte nur bedingt einladend und war dementsprechend auch keine wirkliche Option.
Das Ding ist: Das Wildseeloderhaus ist eine Stunde von der Bergstation entfernt. Und kaum, dass wir am Wildseeloderhaus und vor dem Wildsee stehen, bin ich verzaubert. Idyllisch eingebettet der See. Östlich die Henne. Westlich, etwas steiler und höher, der Wildseeloder. Auf der Terrasse viele Gäste. Sehr viele Gäste. Und trotzdem eine entspannte Atmosphäre, denn die aufmerksame Hütten-Bedienung hat alle Wünsche im Blick.
Abstecher zum Wildseeloder & zur Henne
Nach einer kleinen Kaffeepause – schließlich gehört die ganz essentiell zu einer Genusstour, gerne auch noch vor dem Gipfel – geht es auf den Wildseeloder, wozu wir den direkten Weg Richtung Westen wählen. Hinab dann, entgegen des Uhrzeigersinns, zum Wildsee, der sich uns wie auf einem Silbertablett anbietet, um aus allen erdenklichen Blickwinkeln fotografiert zu werden.
Als wir zur Hütte zurückkehren ist … niemand mehr da. Alle Tagesgäste sind zurück ins Tal gegondelt. Etwas ungläubig genießen wir unser Glück, mit nur wenigen anderen Übernachtungsgästen den lauen Sommerabend in den Bergen zu verbringen. Den richtigen Abendessen-Appetit hole ich mir bei einer kurzen Stipp-Visite auf der Henne. Die ausgeschilderte Zeit dorthin ist übrigens sehr großzügig bemessen und reicht fast für den Hin- und Rückweg aus.
Eine Frage bleibt: Liebes Wildseeloderhaus, liebe unaufgeregt Schöne, warum haben wir dich nicht eigentlich schon früher kennengelernt?