Zwischen Salz- und Alpenluft
Allmählich könnte man meinen, es wird zur Gewohnheit: Ich fahre ins Berchtesgadener Land. Und lande (fast) mitten in Dreharbeiten. Vor einiger Zeit in Ramsau, nun wieder in Bad Reichenhall.
Verstehen kann ich die Filmproduktionsfirmen ja durchaus, dass sie sich ausgerechnet einen der verstecktesten Zipfel von Deutschland für ihre Drehs aussuchen. – Denn ob nun Dorf oder Kleinstadt – hier wie da gibt’s wirklich hübsche architektonische Kulissen. Und dann erst die Landschaft ringsum!
Was Bad Reichenhall angeht, so hat sich meine Besuchszeit über die Jahre kontinuierlich gesteigert: Lange Zeit bin ich immer wieder nur durchgefahren, auf dem Weg an den Königssee und in den Nationalpark. Dann irgendwann ein erster Stop, um die Alte Saline anzuschauen. Damals schon hatte ich so ein unbestimmtes Gefühl von: Hierher muss ich noch mal wiederkommen. Erst viel später war ich mehrere Tage in der Stadt.
Entzückt mit Hindernissen
Meine Vorfreude auf die Tage in Bad Reichenhall erhielt allerdings während der Anreise zu meinem letzten Besuch einen gehörigen Dämpfer: Es regnete. In Strömen. In so einem Moment fällt’s einer Stadt natürlich schwer, ein herzliches Willkommen zu bereiten.
Das Schwerwiegendere war: Als ich von Norden nach Bad Reichenhall kam, sah ich durch die Busscheiben ein paar gesichtslose Einkaufsmöglichkeiten entlang der Straße. Was es genau war, habe ich verdrängt. Es war irgendetwas im Stil von „praktisch, weil gut mit dem Auto zu erreichen“. Bald darauf erfuhr ich, dass im Süden der Stadt just ein Einkaufszentrum aufgemacht hatte. Als besonders unangenehm empfinde ich so etwas immer, wenn ich auf der anderen Seite, wie wenig später auch hier, in der Innenstadt viele leerstehende Läden sehe. Auf Dauer kann das doch weder den Touristen noch den Einheimischen gefallen.
Hübsche, aber leere Innenstädte neben bequemen, aber ewig-gleichen Einkaufszentren in den Außenlagen. – Vor zwei Jahrzehnten noch haben wir beim Besuch US-amerikanischer towns oder villages den Kopf geschüttelt und unsere historischen Kleinstädte hierzulande gelobpreist. Heute sind wir nur allzu oft nicht weit von dem entfernt, worüber wir immer die Nase gerümpft haben. Aber das ist eine ganz eigene Diskussion.
Warum immer nur dran vorbeifahren?
Zurück nach Bad Reichenhall: Sich ein wenig Zeit für die Innenstadt zu nehmen, macht nämlich trotzdem – und vielleicht jetzt erst recht – Sinn. Besonders erwähnenswert für mich sind dabei:
#1: Altstadt
Das kleine Stück vom alten Bad Reichenhall, das nach einer Brandkatastrophe im Jahre 1834 übrig geblieben ist, ist wirklich hübsch anzusehen. Allen voran der Florianiplatz. Wie gesagt, das wissen auch die Filmemacher.
#2: Alte Saline
Gar keine Frage, touristisch gesehen ohne Wenn und Aber die große Attraktion im Ort: Ein wirklich sehenswertes Industriedenkmal. Die Führungen durch das Stollensystem der Alten Saline dauern rund 45 Minuten. Das Salz, das heute noch in der Alten Saline gewonnen wird, wird für gesundheitliche Anwendungen verwendet. Wer sich fragt: Das Bad Reichenhaller Markensalz kommt von der Neuen Saline am Stadtrand.
#3: Kunstakademie
Sie befindet sich auf dem Areal der Alten Saline. Wenn eine der großen Ateliertüren offensteht, kann man zumindest mal einen Blick hineinwerfen. Die Kunst liegt in der Luft, wenn du da weiter hineinschnuppern möchtest, ist ein Kurs genau das richtige.
#4: Kur-Architektur
Architektonisch ist die Innenstadt von Bad Reichenhall zweigeteilt: Im Süden beschaulich und klein, im Norden hingegen mondän. Was an der Kur-Tradition des Ortes liegt. Die Palmen im Kurpark tun das ihrige dazu, um an manchen Tagen fast den Eindruck zu haben, sich eigentlich nicht nördlich, sondern südlich der Alpen aufzuhalten.
#5: Kino und Italiener
Weil’s bei meinem letzten Besuch erst mal gar nicht mehr aufhören wollte zu regnen und an einen abendlichen Bummel durch die Stadt zunächst nicht mal ansatzweise zu denken war, bin ich ins Park-Kino gegangen. Zum Glück. Denn das Programm-Kino mit wunderbar-stimmiger Atmosphäre ist ein Juwel. Hinterher oder für einen anderen Abend wäre dann noch das Mamma Rosa zu empfehlen – eine Mischung aus italienischem Feinkostladen und Restaurant, wo man zwischen Wursttheke und Bar ausgezeichnete Pasta und Fischgerichte genießen kann.
#Und-überhaupt: Berge
Über die brauche ich an dieser Stelle nicht viel Worte verlieren. Bad Reichenhall ist eingebettet zwischen Hochstaufen, Untersberg und Predigtstuhl. Und dahinter noch … Nun ja, beim nächsten Besuch könnte man ja einfach wieder ein bisschen länger im Berchtesgadener Land bleiben …
Übrigens: Mit diesem Artikel mache ich eine neue Rubrik im Blog auf. Unter „Alpenstädte und -orte“ werde ich zukünftig immer wieder mal ein wenig mehr eben genau darüber schreiben. Über das, was mir gefällt. Oder auffällt. Mal schauen, wohin die Reise geht.