Höhenmeter versilbern
1995
Es gibt Momente, die du einfach ausradieren, zurückspulen, ungeschehen machen willst. Als ich 19 Jahre alt war, starben im Abstand von nur wenigen Wochen meine Großeltern. Zu früh. Und vollkommen unerwartet. Ende des einen Jahres meine Oma. Dann, Anfang des nächsten Jahres mein Opa.
Es war das erste Mal, dass ich in der Familie, ganz nah, mit dem Tod konfrontiert war. Vor allem an den Moment der Nachricht, dass mein Opa gestorben sei, erinnere ich mich. Daran, dass ich in Anbetracht der wenigen Wochen, die seit dem Tod meiner Oma erst vergangen waren, flehend „Nicht schon wieder!“ dachte und wohl auch leise ausrief. Daran, wie ich in der tröstenden Umarmung meines Vaters versank.
Es war einfach schrecklich. Unverständlich. – Das Leben war nicht fair!
Ich erinnere mich an die Trauerfeiern. Daran, dass die eine die viel zu schnelle Wiederholung der anderen war. Vor allem denke ich, wenn ich mich daran erinnere, an meinen vier Jahre jüngeren Cousin. Denn als Einzelkinder rückten wir in diesen Momenten besonders nah zusammen. Es half, dass da, abseits der Erwachsenen, jemand anderer, vertrauter war, mit dem ich sprechen konnte. Mit dem ich erst weinen und dann auch wieder lachen konnte.
„Lange saßen sie dort und hatten es schwer.
Doch sie hatten es gemeinsam schwer und das war ein Trost.
Leicht war es trotzdem nicht.“
Astrid Lindgren
2017
Viel später, ich war längst erwachsen und lebte und arbeitete in München, habe ich von einer Outdoorgruppe für trauernde Kinder und Jugendliche erfahren. Eine Freundin, mit der ich seit Jahren immer wieder in den Bergen bin, hatte sich dort ehrenamtlich engagiert.
Diese Outdoorgruppe ist ein Angebot von Lacrima, der Trauerbegleitung der Johanniter. Lacrima richtet sich an Kinder und Jugendliche, die einen engen Angehörigen verloren haben. – Die Kinder, die bei Lacrima unterstützt werden, kämpfen mit dem Verlust von Vater, Mutter oder Geschwistern. Daheim haben sich durch den Tod das ganze Familienleben und auch die Rollenverteilungen verändert. Lacrima hilft diesen Kindern, oft über viele Monate hinweg. Es gibt Indoorgruppen. Und eben die Ourdoorler.
Die Outdoorgruppe geht (aktuell von München und auch von Rosenheim aus) an einem Samstag im Monat gemeinsam in die Natur. Zum Klettern, Kanufahren, Biwakieren. Ziele liegen im direkten Umland und in den Hausbergen. Es sind Angebote, bei denen die Kinder und Jugendlichen in fremder Umgebung Herausforderungen meistern und Ängste überwinden. Sie können sich selbst besser kennenlernen und über ihre Trauer sprechen. Betreut werden die Kinder und Jugendlichen dabei von einem Erlebnispädagogen und von ehrenamtlichen Helfern.
Mich beeindruckte das jahrelange Engagement meiner Freundin immer. Schließlich war das so viel mehr als das gewöhnliche „einfach mal in die Berge zu fahren und die Natur zu genießen“. Es waren viele Stunden der Vor- und Nachbereitung. Fordernde und verantwortungsvolle Stunden draußen in der Natur.
Ende 2016 stand für mich fest: Auch ich wollte helfen. Wenn schon nicht mit Zeit, dann doch, indem ich die Arbeit finanziell ein wenig unterstützen würde. Ab sofort werde ich also meine in den Bergen zusammengestiegenen Höhenmeter in klingende Münze für #LacrimaOutdoor umwandeln: Egal, ob wandernd, auf Ski, mit Schneeschuhen oder radelnd – pro 100 Höhenmeter kommt 1 Euro auf das Lacrima-Konto. Rückwirkend für das erste Halbjahr 2017 macht das schon mal den Grundstock von 130 Euro, um die Outdoor-Aktivitäten zu unterstützen. Denn klar: Bei den Ausflügen der Outdoorgruppen fallen Fahrtkosten an, außerdem braucht es immer wieder mal Ausrüstungsgegenstände wie Helme oder Seile, Sitzunterlagen oder Kocher.
Merci
Wer weiß, vielleicht hat ja auch der eine oder andere von euch spontan Lust, das Projekt zu unterstützen. Die Johanniter haben einen Spendenlink für #LacrimaOutdoor eingerichtet: Wer hier unter diesem Link selbst spenden möchte: Hervorragend! Gerne. Es kommt garantiert an genau der richtigen Stelle an. Und eine Spendenquittung von den Johannitern gibt es obendrein.
Ich sage schon jetzt „Danke“ für jede noch so kleine Unterstützung. Ganz egal, ob das nun ein Jubelruf oder ein Thumb-up ist, ob du den Beitrag teilst oder sogar selbst einen Beitrag leisten möchtest. Oder, und das ist vielleicht das wichtigste: ob du einfach jemandem, der die Hilfe brauchen könnte, im richtigen Moment von diesem außergewöhnlichen Angebot erzählst. Mehr allgemeine Informationen zur Trauerbegleitung Lacrima, die es neben München und Rosenheim auch an anderen Orten in Deutschland gibt, findest du hier.