Die etwas längere Schiara-Ostumgehung
Und was machen wir mit der Schiara?“ – Wie für die wahrscheinlich meisten München-Venedig-Wanderer hat sich auch uns diese Frage schnell gestellt, kaum dass wir uns ein wenig genauer mit dem Wegverlauf vom Marienplatz zum Markusplatz beschäftigt hatten.
Die Herausforderung: Kurz vor Belluno – also nach etwa drei von vier Wochen Wegstrecke – bildet die Schiara den südlichen Abschluss der Dolomiten. Um auf „direktem“ Weg vom Berg zu kommen, muss man rund 600 Höhenmeter absteigen. Es gibt keine Wanderwege, nur Klettersteige. Vor dem Begehen bei instabilem Wetter wird gewarnt. Außerdem stellt sich für die meisten München-Venedig-Wanderer die Frage nach einem Klettersteigset. (Das wiederum bedeutet entweder zusätzliches Rucksack-Gewicht und -Volumen auf dem ganzen Weg. Oder zumindest etwas Organisation: Der Wirt des Rifugio San Sebastiano, das man zwei Tage zuvor am Passo Duran erreicht, gilt als zuverlässige Adresse, wenn man sein Klettersteig-Set vorausschicken will.)
Unsere Entscheidung: Ziemlich schnell stand für uns fest, dass wir nicht über die Schiara absteigen wollten.
Die Alternativen: Wir durchforsteten ein wenig das Internet und suchten nach anderen Möglichkeiten, um auf möglichst elegantem Weg nach Belluno zu gelangen. Auch die Tabacco-Karte konsultierten wir. Die Alternativen lauten: Westumgehung sowie Ostumgehung der Schiara.
Die Westumgehung der Schiara: Wird klassisch in den Wanderführern empfohlen für alle, die aus welchem Grund auch immer nicht über die Schiara absteigen wollen oder können. Vom Rifugio Pian de Fontana läuft man dazu zunächst ein Stück nach Süden und biegt später nach Westen ab. Im Tal führt eine Straße Richtung Belluno, man nimmt für diesen Abschnitt wohl besser den Bus, da es viel Verkehr auf der Straße gibt. Das Fazit eines (Mit-)Wanderers, der zu Fuß an der Straße entlanggelaufen ist: „Das war wahrscheinlich gefährlicher als ungesichert die Schiara zu gehen …“
Die Ostumgehung der Schiara: Ein Blick in die Karte zeigt, dass es eine Ostumgehung zum Rifugio 7 Alpini gibt. Die Krux: Man steigt vom Rifugio Pian de Fontana zunächst auf dem Weg 520 einige hundert Höhenmeter ab, um dann auf dem Weg 527 wieder 1.800 Höhenmeter aufzusteigen. Im Winter 2008/2009 sind die Wege an mehreren Stellen durch Lawinen in Mitleidenschaft gezogen worden. Es gibt jedes Jahr einzelne München-Venedig-Wanderer, die diese Ostumgehung machen; die Beiträge haben den Tenor „Mit Erfahrung machbar. Sehr kräftezehrend.“
Unsere Überlegung: Nach Möglichkeit sollte es ohne Verkehrsmittel nach Venedig gehen. Die Westumgehung war daher unsere unliebsamste Option. Auf die Ostumgehung schauten wir lang. Aber wir fanden für uns einfach kein vernünftiges Argument, warum wir in Anbetracht der Wegsituation überhaupt wieder rauf zum Rifugio 7 Alpini gehen sollten. Um nochmals auf einer Hütte zu schlafen? Um möglichst nah am „Originalweg“ zu sein? Einige Tage vor der Schiara fanden wir eine Lösung:
Unsere alternative Alternative: Der Abstieg nach Longarone erschien uns geeignet, von dort weiter nach Belluno. Dieser Weg lässt sich an einem langen Tag machen. Oder, bequemer aufgeteilt, in zwei Tagen – mit einer Übernachtung in Longarone. (In jedem Fall lohnenswert für Geschichts-Interessierte, wegen des Museums zum Staudamm-Unglücks von Vajont, bei dem im Jahr 1963 das Dorf Longarone von einer riesigen Flutwelle weggerissen wurde und fast 2.000 Menschen starben.)
In der Tabacco-Karte (#024 und #025) lässt sich die alternative Ostumgehung der Schiara leicht ausmachen: Vom Rifugio Pian de Fontana nimmt man den Weg 520 und weiter nach Osten nach Soffranco; dann auf einer alten Fahrstraße nach Longarone. Von dort geht es (am nächsten Tag) nach Belluno – weitestgehend autofrei. Und wenn’s doch mal kurz an einer befahrenen Straße entlang geht, dann mit Gehweg.
Dieser alternative Weg nach Belluno erschien uns ebenso empfehlenswert wie logisch, dass es überrascht, dass er in den Führern und auch online bisher nicht auftaucht (oder uns zumindest nicht aufgefallen) ist.
Tipps zum Kartenmaterial etc. findest du in diesem Artikel. Es ist ratsam, außerdem immer wieder mit den Hüttenwirten zu sprechen. Sie wissen häufig sehr gut um den aktuellen Zustand der Wege.
Was bleibt: Der Wunsch, irgendwann die Schiara zu gehen. Einfach mal ohne das ganze München-Venedig-Gepäck. Und gerne im Aufstieg.
Hast du auch schon vor der Frage „Was machen wir mit der Schiara?“ gestanden? Kannst du weitere Tipps geben? – Schreib doch einfach einen Kommentar.