Sommerglück des Wintermenschen
Der Einfachheit halber ließe sich sagen: Es gibt so Sommermenschen. Und es gibt so Wintermenschen.
Den Sommermenschen erkennt man recht schnell: 25 Grad Lufttemperatur zaubern ihm ein Lächeln ins Gesicht. Bei 30 Grad dreht er erst so richtig auf. Er sitzt oder liegt auch bei der absurdesten Hitze irgendwo draußen. In der Sonne, versteht sich. Den Wintermenschen hingegen erkennt man … erst mal gar nicht. Bei allzu hohen Temperaturen trifft man ihn draußen nämlich nicht mehr an. Wenn, dann nur noch im Schatten. Alternativ oben in den Bergen, wo’s kühler ist.
Wahrscheinlich wissen Wintermenschen oft nicht einmal, dass sie Wintermenschen sind. Denn man spricht öffentlich nicht großartig drüber. Man weiß nur: Es war schon immer so, dass man an diesen ganz heißen Sommertagen lieber im Haus blieb, statt sich in den Garten oder Park zu legen. Baden gehen? – Drauf gepfiffen, wenn man doch auch in den kühlen Keller abtauchen kann.
Wenn es dann doch mal zum Baden an den See gehen soll, so richtig, geplant, für mehrere Stunden, dann wird aber endgültig klar, dass der Wintermensch ein Wintermensch ist: Sommermenschen haben dann ja mit drei, vier routinierten Griffen ganz schnell alles zusammengepackt, was sie brauchen – Handtuch, Badezeug, Sonnencreme, was zu trinken. Wintermenschen … nun ja: Sie suchen. Und suchen. Und suchen. Der Bikini – respektive die Badehose – ist nämlich nicht da, wo man ihn eigentlich hingelegt hatte. Damals. Irgendwann. Dem Wintermenschen fällt dann ein: Richtig, beim letzten Mal, vor ein paar Wochen, hab ich letztlich auch zum Badeanzug (respektive die alte Badehose) gegriffen, weil ich schon damals das Lieblingsbadezeug nicht finden konnte.
Denn klar: Ins Wasser geht der Wintermensch schon auch gerne, springt hier und da mal in nen See. Aber eben nicht so systematisch. Er ist nicht so der Typ für ganze-Tage-am-Ufer und solche Sachen. Deshalb schafft er’s auch nie zu dieser makellosen Bräune der Sommermenschen. Er trägt eher das Modell braune Wanderwade in Kombination mit allen möglichen Mokka-Schattierungen und -Streifen am restlichen Körper.
Und dann gibt es magische Momente wie diesen: Die Freundin einer Freundin hat eine hübsche Badestelle empfohlen. Mit Schatten. Und Bergblick. – Es passt einfach alles. Da nimmt sich der Wintermensch vor: Der Bikini (genau: respektive die andere Badehose) wird noch mal ausgiebig gesucht. Und dann kann er kommen, der nächste Sommer. Gerne lang und heiß. Denn diesen tollen Platz am See wird sich der Wintermensch merken!