Herbstrunde auf Roß- und Buchstein
Der Herbst ist die ideale Zeit, um in den Bayerischen Voralpen zu wandern: Während oft viele Touren weiter oben nicht mehr zu machen sind und die Hütten schon geschlossen haben, tummeln sich Bergbegeisterte gerne zu Hunderten auf den Voralpen-Gipfeln.
Roß- und Buchstein also. Zum markanten Gipfelpaar, zwischen dem die Tegernseer Hütte so eingeklemmt wie phantastisch schön liegt, gibt es zwei Haupt-Anstiegsvarianten: Beschaulich, aber wegen der langen Wegstrecke trotzdem anstrengend, kommt man im großen Bogen vom Parkplatz Winterstube und über die Buchstein-Hütte nordseitig hier hinauf. Alternativ geht es von Süden am Parkplatz Bayerwald los. Zunächst steil, aber unschwer; oberhalb der Sonnberg-Alm wird es dann ein wenig luftig und Trittsicherheit sollte mitgebracht werden.
Auf dem Roßstein herrscht an diesem klaren Oktobertag ein Treiben wie bei Goethes Osterspaziergang. Diese Assoziation ist so ungewohnt wie schlüssig, denn es liegt – zur völlig falschen Jahreszeit natürlich – Frühling in der Luft: Vor einer Woche hatte es ein ordentliches Winter-Intermezzo gegeben, inzwischen haben zweistellige Temperaturen aber wieder alles zum Schmelzen gebracht und das feuchte, jedoch sonnenbeschienene Gras riecht nach – ja, eben: Frühling.
Runter vom Roßsteingipfel, über die bis auf den letzten Platz vollbesetzte Terrasse der Tegernseer Hütte und den Buchstein ins Visier genommen. Zwei Mal schon hatte ich davor gestanden und dann doch gekniffen. Heute aber soll’s soweit sein. Philipp, mit dem wir im Sommer den Gleiwitzer Höhenweg gegangen sind, hatte die heutige gemeinsame Tour vorgeschlagen und schien mir der perfekte Begleiter.
Kurz und steil gibt sich der Anstieg durch den Kamin östlich der Hütte. Besonders zwei Stellen sind es, die eine Portion Sicherheit und Geschick erfordern. Für kurze Beine gibt es zunächst einen Schritt zu überwinden, der etwas höher (und im Umkehrschluss auch: tiefer) als vielleicht angenehm ist. Etwa drei Meter weiter oben dann gilt es einen kleinen Felsvorsprung zu umkraxeln. Zwei Tritte im Fels bieten sich an. Sie erweisen sich aber selbst bei idealen, trockenen Bedingungen als extrem speckig. Bei Nässe möchte ich hier keinesfalls sein. Oberhalb des Kamins dann noch ein paar Minuten entspannt weiter, bis der nahezu leere Buchstein-Gipfel erreicht ist. – Und von dem sich hervorragend auf den Trubel des Roßsteins schauen lässt.
Dass es nach dieser erfolgreichen Gipfelbesteigung ein Bier gibt, ist an diesem warmen Herbstmittag eine Selbstverständlichkeit.
Den Nachmittag füllen wir aus mit einem eher atypischen Rückweg: Zunächst nach Norden zur Buchsteinhütte, wo wir nochmals eine Pause einlegen, um das kühlende Bier und die wärmenden Sonnenstrahlen in vollen Zügen zu genießen. Von dort über den Fahrweg gen Osten; bald aber biegen wir nach Süden ab, wo sich der Weg bis zur Talstation der Materialseilbahn der Sonnberg-Alm schlängelt.
Auf älteren Karten ist der Weg hierher und weiter zur Alm noch als Wanderweg eingezeichnet. Inzwischen nicht mehr. Spätestens an der Materialseilbahn beweist sich, dass ein vorheriger genauerer Blick in die Karte auch bei vermeintlich kleinen Wanderungen lohnt, denn alles in allem müssen wir noch mal einen Gegenanstieg von rund 300 Metern in Kauf nehmen. Von der Sonnberg-Alm dann zurück über den bekannten Weg Richtung Parkplatz Bayerwald.
Fazit: Wer’s mit Menschentrubel nicht so hat, der sollte vor allem am Wochenende diese Tour meiden. Wem’s nichts ausmacht, der aber findet mit großer Gewissheit den einen oder anderen netten Gesprächspartner entlang des Weges. Deutlich ruhiger geht’s am Buchsteingipfel zu. Wenngleich die speckigen Griffe und Tritte auch hier von vielen Besuchern erzählen. Hierauf sollte sich nur wagen, wer wirklich trittsicher ist. Noch schöner ist diese Runde gewiß mit einer Übernachtung auf der Tegernseeer Hütte – um dann den Sonnenuntergang von der Terrasse zu genießen.