Buchen sollst du (be-)suchen
Theoretisch könnte es in Altkünkendorf zugehen wie an einem der Hotspots am Grand Canyon. Denn 2011 hat auch der Buchenwald Grumsin seinen Platz auf der UNESCO-Weltnaturerbe-Liste bekommen. Praktisch jedoch sind wir die einzigen, die an diesem Märzvormittag am Wirtschaftshof des kleinen uckermärkischen Dorfes starten, um ein paar Stunden durch den Buchenwald zu streifen.
Vielleicht liegt es an der Jahreszeit. Vielleicht aber auch daran, dass sich auf den ersten Blick meinen ließe, der Grumsin sei ein stinknormaler Wald. Wenn da nicht die bis zu 150 Jahre alten Buchen wären. In einem Land und einer Zeit der Nutzwälder darf das glatt als biblisches Baumalter durchgehen, denn für gewöhnlich hat das Leben einer Buche zu diesem Zeitpunkt schon längt im Sägewerk sein Ende gefunden. Nicht so im hier. Die Schorfheide, zu der der Grumsin gehört, war schon seit dem Mittelalter ein bevorzugtes Jagdgebiet – zunächst von brandenburgischen Markgrafen und Kurfürsten, später von preussischen Königen, noch später von hochrangigen Nazis. Nach dem Zweiten Weltkrieg setzte sich diese Tradition fort; die Schorfheide war Sonderjagdgebiet und ab den 1960er Jahren – durch Zäune geschützt und argwöhnisch bewacht – den DDR-Oberen vorbehalten.
Seit der politischen Wende steht der Grumsin unter Naturschutz. In der Kernzone bleibt die Natur seither sich selbst überlassen: umgekippte Bäume liegen wo sie liegen, Totholz modert vor sich hin, Tiere finden wertvolle Rückzugsgebiete.
Mit dem charakteristischen „Krüi-kruh, krüi-kruh“ meldet sich dann auch ein Kranichpärchen zu Wort. Wir gehen ein paar Meter die gewellte Straße entlang, die von Altkünkendorf hinüber zur namensgebenden Siedlung Grumsin – kaum mehr als eine Handvoll Häuser – führt. Aus den Asphaltlöchern der Straße guckt da und dort das altehrwürdige Kopfsteinpflaster heraus; dann biegen wir ab in einen Waldweg. Hier, an ihrem südlichsten Rand, kommt die Uckermark viel hügeliger als anderswo daher; in den Niederungen der reliefreichen Landschaft finden sich unzählige Seen, Tümpel und Sölle.
Wir folgen dem gelben Buchenblatt, einer der vier beschilderten Wanderrouten durch den Grumsin, holen dabei dann noch etwas weiter aus, vorbei am Großen Schwarzen See und Richtung Groß Ziethen. Und dann passiert’s: Wir begegnen anderen Menschen. Ich tippe auf Besucher aus Berlin.
Die Berliner wissen eben, wo’s schön ist.
Praktisches & Wissenswertes rund um den Grumsin
Hin und weg: Öffentlich am besten über Angermünde (Bahnhof); von dort eine Handvoll „normaler“ Busverbindungen pro Tag nach Altkünkendorf. Im Sommerhalbjahr kommt der sogenannte BiberBus dazu. Alternativ mit dem Auto, wer von der Autobahn kommt, kann auch in Klein Ziethen starten.
Überblick: Von April bis Oktober ist in Altkünkendorf ein Infopunkt zum Buchenwald Grumsin geöffnet, betreut von ehrenamtlichen Helfern. Direkt neben der Kirche. Bei dieser Gelegenheit auch nachfragen, ob der Kirchturm geöffnet ist, er ist als Aussichtsturm zugänglich.
Verpflegung: Wie vielerorts in der Uckermark gilt: Selbst ist der Wanderer. Also eine Brotzeit und etwas zu trinken mitnehmen. Im Sommerhalbjahr ist das Café Louisenhof an den Wochenenden geöffnet; dort kommt man auch vorbei, wenn man der roten Buchenblatt-Markierung folgt.
Führungen: Die Kernzone vom Buchenwald Grumsin darf und sollte ausschließlich in Begleitung eines zugelassenen Naturführers betreten werden. Aktuelle Termine gibt’s auf der Website des Weltnaturerbe Buchenwald Grumsin e.V., weitere Info auch hier. Die Termine passen nicht? – Keine Sorge, auch ohne die Kernzone zu betreten ist der Besuch im Grumsin wunderschön; die Wanderwege führen mitunter direkt an der Kernzone vorbei, so dass man auch so einen Blick darauf erhaschen kann.
Beste Jahreszeit: Die Natur hat immer wieder neue, wunderbare Stimmungen in petto. Wen auch etwas Kälte und „a bissl Baatz“ an den Schuhen nicht schrecken, geht deshalb rund ums Jahr in den Wald. Alle anderen zwischen April und Oktober.
Korrektur: In einer früheren Version hieß es, Buchen würden nach 50 Jahren gefällt. Tatsächlich werden die meisten nach 80 bis 120 Jahren geschlagen.