Frankreich Über Land

Dekor aus Stein

Ich sehe ein Kathedrale.

Die Orgues von Ille-sur-Tet

Dann ist da wieder dieser Gedanke: Was sind schon die paar Jahrzehnte eines Menschenlebens im Vergleich zur Erdgeschichte? Hier eine meist mehr oder weniger große zweistellige Zahl, während da in groben Millionen-Schritten gerechnet wird.

Ich stehe an den Orgues von Ille-sur-Tet und lasse die Natur machen, was sie am besten kann: wieder und wieder aufs Neue beeindrucken. Denn ganz egal, wie viel man schon meint gesehen zu haben, irgendein Ass hat sie immer noch im Ärmel.

Wie die Orgelpfeifen

Hier stehen sie nun, die „Orgelpfeifen“, wie sie die Einheimischen nennen. Bis zu 15 Meter hoch, gebaut aus einem Sandstein-Ton-Gemisch, geformt vom Wasser. Vor etwa fünf Millionen Jahren – ein paar zehntausend Jahre hin oder her sind in diesen Größenordnungen schnell zu vernachlässigen – gab es hier, am Fuße der Pyrenäen, ein großes Plateau. Peu à peu und Tropfen für Tropfen legte dann das Regenwasser Hand an. Kerbte kleine Risse in den Boden, wusch diese zu breiten Rinnen aus. Das Wasser erodierte das Gestein mehr und mehr, bis spitze Felsnadeln entstanden, die einzig durch eine natürliche Felskappe noch eine Weile vor der allergröbsten Verwitterung geschützt sind. Dieser Vorgang setzt sich mit jedem Schauer fort. Und schon die nächste Sturzflut wird die Orgelfpeifen verändern.

Bei so einer Sturzflut möchte man nicht hier im Tet-Tal stehen, denn in dem wortwörtlich steinharten Boden kann das Wasser kaum versickern. Stattdessen schießt es dann mit einer zerstörerischen Wucht in tiefere Gefilde. Von all dem ist an diesem Frühsommervormittag nichts zu erahnen.

Pyrenäen im Blick

Es scheint, als wachsen die Orgues von Ille-sur-Tet mitten aus der etwas ruppigen Hartlaubvegetation heraus. Hinter allem, im Südwesten, erhebt sich der Gipfel des Canigou – Grenzberg zwischen Frankreich und Spanien und mit 2.784m die letzte große Bergspitze der östlichen Pyrenäen, bevor diese ins Mittelmeer gleiten.

Wir spazieren gut eine Stunde zwischen den Orgelpfeifen herum und kurven durch das Labyrinth, eine kurze Sackgasse, die zwischen die Felsen führt. – Einen Anflug von Entdeckerfreude spürt an den Orgues von Ille-sur-tet sicher jeder.

Tipps

Lage: Die Orgues von Ille-sur-Tet sind im Tet-Tal zu finden, knapp 30 km westlich von Perpignan. In Ille-sur-Tet folgt man der Ausschilderung „Site des Orgues“ bis zu einem Besucherparkplatz.

Eintritt: Am Parkplatz kauft man ein Ticket (5 Euro, Stand 2019) und geht etwa 800 Meter bis zum 1981 unter Denkmalschutz gestellten Naturdenkmal. Das Gebiet ist weiträumig umzäunt.

Essen & trinken: Entweder am kleinen Imbiss neben dem Besucherparkplatz oder alternativ im Ort.

Besonderer Blick: Fährt man statt zurück nach Ille-sur-Tet hinauf auf den Berg Richtung Montalba-le-Château, gelangt man (an der zweiten Haarnadelkurve) zu einem kleinen Aussichtspunkt, von dem sich hervorragend „von oben“ in das Orgelpfeifen-Gelände schauen lässt. Den Blick nach Westen gewandt, finden sich mit les Retxes ein den Orgues ähnelndes Erosionsgelände.

Übernachten: In Montalba-le-Château führt Gastgeberin Christelle sehr sympathisch das Au Chèvrefeuille Maison d’hotes mit zwei Zimmern, inklusive Meer-&-Bergblick beim Frühstück auf der Terrasse.

Nur ein paar Meter neben den Orgues von Ille-sur-Tet: les Retxes.
Nur ein paar Meter neben den Orgues von Ille-sur-Tet: Les Retxes.

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