Auf Ski zum Gipfelglück
Mit Ski auf den Gipfel? – Wer mit dem Skitourengehen beginnt, für den stellen sich schnell viele Fragen zu Aufstiegstechnik und Spuranlage, zu Wetter und Lawinensituation. Ein Basiskurs ist ein sinnvoller Einstieg in den Sport.
„Kommt, helft mir schnell – da hinten ist ein Snowboarder in den Hang rein und hat eine Lawine losgetreten“, ruft Klaus uns zu.
Es schneit heftig. Wir hatten eine Touren-Pause eingelegt. Die einen sind gerade mit dem Zusammenlegen ihres Windschutzes beschäftigt, die anderen trinken ein paar Schluck warmen Tee. Und plötzlich steht alles Kopf: Wie war das gleich noch mal? Überblick verschaffen – Notruf absetzen – Suchen – Schaufeln?
Zum Glück ist das alles nur eine Übung. Quasi die Königs-Disziplin unseres viertägigen Skitouren-Basiskurses. Wir spielen von vorne bis hinten alles durch. Setzen also den Notruf inklusive Infos zu Wetter- und Sichtbedingungen ab (unser „Rettungsstellenmitarbeiter“ steht ausnahmsweise nur einen Meter von uns entfernt), versuchen auch sonst das in den letzten Tagen Gelernte bestmöglich abzurufen.
Schon die paar Meter den Berg zum Verschütteten hinaufzulaufen ist anstrengend. Die Ortung wiederum funktioniert recht zügig, dafür haben wir Sonde und Schaufeln nicht sofort parat. Der „Kopf“ ist schnell freigegraben – unser „Lawinenopfer“ liegt nur in 30cm Tiefe und atmet glücklicherweise noch, als wir es finden. So gut eben ein Rucksack atmen kann.
Unser Bergführer Klaus ist zufrieden mit uns: Wir haben die Abschlussübung dieses Wochenendes gut gemeistert. Und wir sind irgendwie stolz drauf. Einen echten Notfall erleben werden wir indes hoffentlich nie.
Das Skitourengehen steht in den letzten Jahren hoch im Kurs. Die Motivationen der Gipfel-Aspiranten sind ganz unterschiedlich: Die einen wollen dem Trubel auf der Piste entkommen, suchen das Naturerlebnis. Für andere ist der Aufstieg auf den Berg eine gute und schöne Möglichkeit, um sich fit zu halten. Und ich? Will einfach den Winter am Berg genießen. Winterwandern und Schneeschuhgehen waren wir in den letzten zehn Jahren. Das kann noch so schön sein – winterliche Rückwege sind bei dieser Art der Fortbewegung in erster Linie eins: lang und mühsam. Im Ski-unter-den-Füßen-haben indes sehe ich die einzig plausible und vor allem effektivste Möglichkeit, wieder zügig ins Tal zu gelangen.
Ab ins „echte“ Gelände
Bisher ging’s mit Ski für mich in den (Vor-)Alpen pistennah los. Mal ein kleiner Schlenker durch den Wald, mal eine Verlängerung über das Skigebiet hinaus. Das ganze bei möglichst sicheren Verhältnissen.
Nun sollte endlich alles auf eine solide Grundbasis gestellt werden. Es heißt ja immer: Frauen suchen eher die formale Ausbildung, während Männer „einfach machen“. Ob nun unsere Gruppe, die sich im Verhältnis fünf Frauen zu zwei Männern zusammensetzt, diesen Stereotyp widerspiegelt, oder ob’s einfach Zufall ist, sei mal dahingestellt.
Was man in solch einem Skitourenkurs alles lernt? – Alles Wesentliche, um sich auf einfachen eigenen Skitouren zurechtzufinden: Wie bewege ich mich effektiv und kraftschonend auf Tourenski? Wie komme ich im langen Bogen oder in der spitzen Kehre ums Eck? Wie schätze ich die Hangneigung ein? Dazu gibt es eine ordentlich Portion Wissen über das Wetter und vor allem über das Vermeiden von Lawinen. Und – für den schlimmsten Fall – über das richtige Verhalten bei einem Lawinenabgang.
Bloß nicht hetzen!
Nach einem Übungstag nun die erste „richtige“ Skitour. Bei nahezu perfekten Bedingungen. Unser Südtiroler Sonnenschein kämpft sich gerade um die Kurve, als ein Vierer-Gespann weiter an unserer Gruppe vorbei möchte. Viel zu gönnerhaft gibt einer der älteren Herren zu verstehen, dass es bei ihm anfangs mit der Spitz-Kehre auch nicht so recht klappen wollte. Pah! Südtirol bekommt nun Unterstützung aus Franken: „Na, sehr viel besser als bei uns sieht’s bei dem aber auch nicht aus“, wird seine Spitzkehre quittiert. Bergführer Klaus ist unser moralischer Fels in der Brandung: „Lasst euch bloß nie hetzen.“ Ach, tut das gut zu hören … Später, beim gemeinsamen Abendessen, lachen wir alle herzlich über diese wundersame Begegnung am Berg.
„Einfach entspannt fallenlassen“
Doch das Abendessen müssen wir uns noch verdienen: Dazu geht’s erst einmal weiter hinauf. Unsere als einfach bewertete Tour hat moderate 850 Höhenmeter. Mir wird klar, wo die Messlatte liegt. Und dass mehr Kraft in den Beinen gut täte. Zumal das Hochgehen der deutlich einfachere Teil des Tourentages ist. Vom Gipfel runterzukommen im Gelände ist die Kür. Nicht nur ich lande irgendwann an einem schönen Hang kopfüber im Schnee. Der ist aber idealerweise watteweich und knietief, so dass ich im Fall nur denke: „Ach, einfach entspannt fallenlassen …“
Nach den vier Tagen steht für mich fest: Ich will mehr. Ich werde nie der Crack, der sich irgendwelche Steilrinnen hinunterstürzt. Zähle eher zum Typus Genussmensch. Freue mich über den Aufstieg und muss „notgedrungen“ die Abfahrt meistern. Mit etwas Übung im Gelände wird’s vielleicht auch mal ästhetisch wertvoller.
Tipp
Basiskurse fürs Skitourengehen lassen sich vielfältig buchen. Beispielsweise bei der Alpinschule Innsbruck (ASI), bei der Alpinschule Ortler in Südtirol oder beim Deutschen Alpenverein. Die Länge variiert zwischen vier und sieben Tagen.
Abhängig vom Veranstalter ist die LVS-Ausrüstung (LVS-Gerät, Sonde, Schaufel) bereits im Preis inkludiert oder muss dazu gebucht werden. Auch die komplette Skiausrüstung (Ski, Felle, Stöcke, Stiefel) ist mitunter beim Kursveranstalter ausleihbar. – Ideal für Gelände-Anfänger, die noch nicht genau wissen, ob’s der richtige Wintersport für sie ist.