Ein Sessellift und andere Limburger Kuriositäten
Neulich verschlug es mich ins südlichste Eck der Niederlande. In diesen Zipfel, den man auf der Autobahn von Aachen nach Brüssel quert. Der so schmal ist, dass man – kaum dass man das Oranje-Territorium wahrgenommen hat – schwupps, schon wieder rausgefahren ist und belgische Luft schnuppert.
Die Niederlande also. Für mich war der Besuch eine Premiere. Mein Wissen um Limburg vor der Reise? – Nicht vorhanden. Die Reise hat mir einmal mehr gezeigt, wie stark unsere Vorstellungen eines anderen Landes von den Bildern, die auf uns einprasseln, geprägt sind. Ob wir wollen oder nicht. Wie eine Region (zu Unrecht, wie ich meine) zum Synonym für ein ganzes Land werden kann. So hatte auch ich diese Ideen von plattem Land, von roten Backsteinhäusern und von Tulpen en gros im Kopf …
# Stereotyp 1: Von wegen plattes Land
Nicht, wenn du nach Limburg kommst: Denn Limburg ist zumindest hügelig. Man kann sogar sagen: bergig. Die höchste Erhebung der Region – und damit eben weeeiiit höher als der Großteil der Niederlande – ist der Vaalserberg mit immerhin 323 Metern.
Nicht ganz so hoch geht’s in Valkenburg. Dafür – man will’s kaum glauben – steht hier ein Sessellift bereit, um den Höhenunterschied von der Stadt hinauf auf den Berg mit seinen einhundert-irgendwas Metern zu überwinden.
Wie’s dazu kam?: Auf dem Berg steht seit 1906 der Wilhelminaturm, der als touristische Attraktion gebaut wurde und von dem man einen guten Ausblick in die umliegenden Berge hat. In den 1950er Jahren begann dann eine Familie aus dem Ort, den Sessellift zu errichten. Die Idee dazu, so heißt es, brachten sie aus Österreich mit, wo sie zuvor Urlaub gemacht hatten. Der Valkenburger Sessellift ist der einzige, der an einem niederländischen Berg aufgestellt ist (außerdem gondeln zwei, drei andere im Land die Besucher verschiedener Freizeitparks durch die Lüfte). Dinge gibt’s!
# Stereotyp 2: Von wegen rote Backsteinhäuser
Nicht, wenn du nach Limburg kommst: Zumindest nicht immer. Ganz konkret in Thorn – einer knapp dreitausend-Seelen-Gemeinde nördlich von Maastricht, direkt an der belgischen Grenze: Thorn ist aus einer Benediktinerabtei entstanden. Später wurde ein freiweltlicher Damenstift draus, unverheiratete Frauen aus dem Hochadel zogen in die Gemäuer. Ende des 18. Jahrhunderts kamen die Franzosen; der Stift wurde konfisziert, neue Bewohner richteten sich in den Häuser ein. Mit den Franzosen kam auch die Fenstersteuer. Um diese Steuer zu reduzieren, verkleinerten wohl viele ihre Fenster oder mauerten sie gleich ganz zu. Damit der Unterschied der Backsteine nicht zu sehr auffiel, wurden dann die meisten der Häuser weiß gestrichen. Noch heute ist quasi der gesamte Ortskern weiß. Weshalb auch vom „weißen Städtchen“ gesprochen wird. In jedem Fall hübsch anzusehen.
# Stereotyp 3: Von wegen Tulpen en gros
Nicht, wenn du nach Limburg kommst: Zugegeben, hier flunkere ich ein wenig. Denn Ende März finden sich auch fern von Holland eigentlich überall Tulpen, zumindest in Restaurants und Cafés, in Blumenläden sowieso. Auch in dem Café eines Maastrichter Buchladens steht ein Strauß Tulpen auf dem Tisch. Doch so schön der Strauß anzusehen ist – die Show stiehlt im der Laden selbst: Es ist nicht irgendeine Buchhandlung. Sondern – hier greift der Superlativ mit Sicherheit – eine der wohl weltweit schönsten Buchhandlungen. Sie befindet sich in einer ehemaligen Dominikanerkirche. Vormals war diese älteste gotische Kirche der Niederlande auch schon Boxkampfarena, Karnevalshalle, Autohaus und Fahrradgarage.
Auch abseits dieser Kuriositäten ist Limburg auf diese – zumindest im Kopf vorhandene – Liste von Ecken Europas gekommen, zu denen ich sicher noch mal zurückkehren werde um sie weiter zu erkunden. Fehlende „echte“ Berge hin oder her …