Eine bayerisch-tirolerische Spurensuche
Hast du ’ne Ahnung, was diese Markierung bedeutet?“ – Dass sich diese Frage in nahezu detektivische Ermittlungen entwickelt, hätte ich Anfang des Sommers wirklich nicht geglaubt. Die Antwort ist „Nö“, der Stein im Tannheimer Tal, nahe der Leilachspitze schnell vergessen.
Bis … auf dem Weg zur Regalmwand im Wilden Kaiser ein ähnlicher Stein auftaucht. „KK 9“ ist darauf zu lesen. Schwarze Schrift auf weißem Grund. Das Weiß leuchtet irgendwie fünfeckig auf dem länglichen Stein. Darum ein schwarzer Rahmen, gekrönt und abschlossen von einem weiteren Rahmen in Rot.
Unsere erste Vermutung geht in Richtung der Kletterer, will aber nicht so recht sinnvoll erscheinen. Alternativ vielleicht in die Geschichte abtauchen, ins Kaiserlich-Königliche? – Dafür erscheinen die Markierungen schlichtweg zu neu.
Wer wird in den folgenden Tagen nicht alles gefragt: Bergwachtler in Deutschland, Bergretter in Österreich. Kontakte beim Deutschen und beim Österreichischen Alpenverein. Bergaffine Freunde & Bekannte. Der Wirt der unterhalb der Regalmwand gelegenen Gaudeaumushütte; die für die dortigen Wege zuständige ÖAV-Sektion in Kitzbühel. Erste Vermutungen werden geäußert, dann wieder verworfen. Letztlich immer das gleiche Ergebnis: Niemand kann so recht helfen.
Natürlich recherchieren wir im Internet, probieren auf Twitter den Followerpower aus. – Andere hatten mit diesem Mittel wohl schon scheinbar unlösbare Rätsel gelöst. Doch wieder einfach nur: Nichts.
An Humor & Fantasie der 140-Zeichen-Twitter-Gemeinde, was es mit diesen KK-Markierungen auf sich haben könnte, fehlt es indes nicht:
- @aufdenberg „Krude Knobelei: Können kundige Kelten konzentrisch kringelnde Kornkreise kreieren?“
- @exilsteira „Kalter Kaffee! Kleiner kahler König kaut knuspernden kalten Krautkopf.“
- @kulturnatur „Knalliger Klecks? – Klar: Kompetente Kartografen könnten’s kaiserlich-königliche Klettergebiet kaum konturreicher kartieren. #komplettkrass“
- @aufdenberg „Kufsteiner Kartografen kriegen Krise, keiner kann knifflige KK-Kalligrafie klären.
Weitere Möglichkeiten: Vielleicht gehören die mysteriösen Markierungen zum Bergbau? Oder zum österreichischen Militär?
Nach zwei Wochen kommt Blogger Andi aka exilsteira auf die entscheidende Spur: Er stellt über die Bezirkshauptmannschaft Reutte den Kontakt zu den Österreichischen Bundesforsten her. Die Pressesprecherin der Bundesforste teilt alsbald mit, dass es sich:
„Bei der Markierung … um eine Grenzmarkierung (sog. Felsmarke) der Bundesforste [handelt]. Das „KK“ steht für „Kaiserlich-Königlich“ und bedeutet, dass die Markierung in der Zeit der Habsburger Monarchie zwischen 1867–1918 gesetzt wurde. Die Steine sind durchlaufend in einem Grenzzug nummeriert (1 – z. B. 120). Ursprünglich ist die Färbung weiß-schwarz, die rote Umrandung dient nur der besseren Ersichtlichmachung. Im Hochgebirge wird fast ausschließlich diese Art der Vermarkung verwendet. Österreichweit gibt es zahlreiche (an die hunderttausend) Exemplare davon.“
Dazu muss man wissen, dass die Österreichischen Bundesforste etwa zehn Prozent der gesamten Staatsfläche verwaltet. Wenn von „Grenzen“ die Rede ist, sind also nicht Staatsgrenzen gemeint, sondern einfache Grundflächengrenzen im Staatsbesitz.
Somit lagen wir mit unseren ersten Ideen gar nicht so falsch … Wie sich immer wieder zeigt, lassen sich entscheidende Details aber erst mit einem Experten richtig (er-)klären …
Bergführer Klaus, den ich zwischenzeitlich ebenfalls zum Thema befragt hatte, kann die Informationen schließlich noch aus ebenfalls zuverlässiger Quelle ergänzen:
„Es gibt hier verschiedene Typen, je nachdem in welcher Epoche die Steine gesetzt wurden: kk 9 oder KK 9 steht für kaiserlich-königlich; RF 9 stünde für Reichsforste und BF 9 für Bundesforste. Wenn diese Steine frisch gestrichen sind, ist dies eine aktuelle Grundgrenze der Republik … Bei Verlust (Lawine o. ä.) werden heute Steine, die im Kataster als z. B. kk9 stehen, wieder als kk9 hingestellt.“
Felsmarken, KK-Markierungen, Vermessungs- oder Bodenpunkte? – Vielleicht hilft unsere kleine Recherche zukünftig auch anderen, die wissen wollen, auf welch rätselhafte Felsmarkierungen sie in den österreichischen Bergen gestoßen sind …
Merci an alle, die wir mit unserer Neugierde „herausfordern“ durften!