Am Landungsstrand der Allliierten
Diese Hecken! Unentwegt fanden wir uns in der Normandie in ihrer Nähe wieder. Die Hecken sind entlang der Atlantikküste so allgegenwärtig, dass diese außergewöhnliche Landschaft sogar einen eigenen Namen hat: Bocage.
Auf schmalen Straßen, die wir mit dem Auto befuhren – links und rechts gaben nur ab und an Lücken im dichten Blattwerk kurze Blicke frei. Und nicht zuletzt hier, am Omaha Beach, wo wir das parkten und ein Stück spazieren gingen. Am Weg vom Strand, hinauf in die leicht aufgebügelte Landschaft, baute sich einmal mehr ein hoher, langer und grüner Wall aus Sträuchern auf. Vor allem Brombeeren überranken alles. Nahezu undurchdringlich, alles verhakt sich in Windeseile darin.
Wie schwer zu durchdringen die Hecken sind, zeigte sich überdeutlich 1944: unter dem Decknamen Operation Overlord hatten die Alliierten von langer Hand geplant, die Invasion auf das besetzte Frankreich zu starten. Immense Opfer in Kauf nehmend, gelang es ihnen dann am 6. Juni, D-Day, an der normannischen Küste anzulanden. Als großes Problem gestaltete sich in den nächsten Wochen jedoch auch das weitere Fortkommen in der heckendurchzogenen Landschaft. Zum einen nahmen die eng auf eng folgenden Hecken den Alliierten die Sicht. Konnten die Alliierten trotz allem Ziele ausmachen und feuerten mit ihren Panzern darauf ab, blieb die gewünschte Wirkung oft aus, denn die Geschosse verfingen sich nicht selten in den Sträuchern. Hinter den Strauchwällen hatten die Deutschen derweil ziemlich gute Verteidigungspositionen.
So war die Invasion zunächst vor allem eines: eine Schlacht gegen und um die Hecken. Erst, nachdem die Alliierten ihre Panzer behelfsmäßig mit einer Sichelkonstruktion aus Schrottresten ausgestattet hatten, gelang es ihnen besser, Hecke für Hecke und Feld für Feld für sich zu gewinnen. – Der Anfang vom langen Ende des 2. Weltkriegs.
Vom Strand hinauf gehen wir auf einem Pfad durch den Wald, folgen einem Bächlein und erreichen den amerikanischen Soldatenfriedhof von Colleville-sur-Mer. 9387 weiße Kreuze sind hier aufgereiht und ausgerichtet. In Gedenken an all die amerikanischen Soldaten, die gestorben sind in den Gefechten am Omaha Beach, dem blutigsten und verlustreichsten D-Day-Schlachtort.
Ein Ort, an dem man unweigerlich über Freiheit nachdenkt.