Ein Berg-Spaziergang mit Rätseln
Aus der Ferne betrachtet, gibt der Puig de Llívia mitunter Rätsel auf: Da steht man auf einem spanischen Berg (okay: Hügel) und ganz egal, in welche Richtung man hinunter steigt, endet man in Frankreich.
Llívia liegt in den Pyrenäen, in der Alta Cerdanya, einem sonnenverwöhnten Hochtal, um das herum sich Berge lümmeln, von denen einige, wie der Puigmal, fast an die 3.000er-Marke reichen und die im Winter schneebedeckt sind.
Der Ort mit seinen gut 1.400 Einwohnern ist eine spanische Exklave – von Frankreich umgeben. Seit gut 300 Jahren ist das so; eigentlich ein Versehen, denn als 1659 nach langen Kriegsjahren Frankreich und Spanien den Pyrenäenfrieden geschlossen hatten, musste Spanien 33 Dörfer der Cerdanya an seinen nördlichen Nachbarn abtreten. Bald stellte sich heraus, dass Llívia nicht wie gedacht von diesem Abkommen betroffen war. Denn der katalanische Ort berief sich auf seine schon mehr als einhundert Jahre zuvor erlangten Stadtrechte und verblieb so bei Spanien.
„Es gibt hübschere Dörfer in den Pyrenäen“, hatte ich vor der Reise in einem Artikel gelesen. Fast hätten mich dieser und die nachfolgenden zwei Sätze von meinem Plan abgebracht, auf dem Weg durch die Berge in Llívia zu halten. Fast. Denn jetzt weiß ich: Es gibt auch weit hässlichere Dörfer in den Pyrenäen. Abseits der tatsächlich etwas überdimensionierten Straße, die aus dem katalanischen Puigcerdà und über fünf, sechs Kilometer französisches Territorium nach Llívia führt, gibt sich der verwinkelte und unter Denkmal stehende mittelalterliche Ortskern fast schon herausgeputzt: Wer hier zuletzt bauen oder umbauen wollte, wurde angehalten, den traditionell verwendeten, dunklen Schiefer der Pyrenäendörfer zu verwenden. Zwar, so erfahren wir, wurde seit der spanischen Immobilienkrise 2008 nichts Nennenswertes mehr gebaut. Doch man sieht, dass der Ort ein Stück vom Wohlstand Barcelonas abbekommt: Wer es sich leisten kann, nennt in Llívia eine Ferienwohnung sein eigen und parkt davor seinen SUV. Das Barcelona-Gefühl erschöpft sich auch nicht an einer überraschenden Zahl an Restaurants und Patisserien, sondern geht soweit, dass wir uns kurzerhand auf einem Bürgersteig wiederfinden, der mit der klassischsten aller Fliesen von Barcelona ausgelegt ist. Mitten in den Pyrenäen.
Von dort, hinter der Kirche Nostra Sra. dels Angels de Llívia, ist es auch dann auch zum Puig de Llívia nicht weit, dem Hügel, auf dem heute noch die Überreste einer Burganlage zu sehen sind und von dem man einen besonders guten Blick nach allen Seiten in die Cerdanya hat.
Weitere Tipps
Im bzw. direkt neben dem Rathaus von Llívia befindet sich die historische Einrichtung der Farmàcia Esteve – die Apotheke von Llívia ist seit dem Jahr 1594 dokumentiert und gilt als eine der ältesten Apotheken in Europa.
Bäckerei: Brot und Süßes für ein Picknick auf dem Puig de Llívia gibt es im sympathisch geführten Forn Petit Quixal am Plaça Major.
Restaurant: Ebenfalls am Plaça Major und vis-à-vis der Bäckerei befindet sich das Cal Cofa (traditionelle katalanische Küche).
Wanderung auf den Puig de Llívia: Genau genommen eher ein Bergspaziergang. 100 Höhenmeter vom Ort bis zur Burgruine. Direkt hinter der Kirche nach Norden bergauf. Alternativ über Pfade westlich oder östlich um den Hügel herum und damit zu einem kleinen Rundweg ausbaubar; wer sich noch Zeit für die Infotafeln rund um die Ausgrabungen nimmt, sollte alles in allem zwei Stunden einplanen.