Buchtipp: Im Schatten der Achttausender
Sie stand auf den 14 Achttausendern: Im Mai 2010 krönte die Baskin Edurne Pasaban ihre alpinistische Karriere, als sie den Shishapangma hinaufstieg. Und wieder hinunter.
Im Herbst 2014 erschien ihre erste Biografie auf deutsch. Es gibt Experten, für die war „die Geschichte“ zu diesem Zeitpunkt längst „durch“: Der Medienrummel, der große Hype verebbt. Nicht mehr viel da, das noch mit großem Trara vermarktet werden könnte.
Denn wer seinerzeit die mediale Berichterstattung mitverfolgte, dem mochte die Geschichte der bergbegeisterten Spanierin auf den ersten Blick vor allem die eines Rennens zwischen drei Frauen sein: Der Koreanerin Oh Eun-sun, der Österreicherin Gerlinde Kaltenbrunner. Und eben Edurne Pasaban. Wer genauer schaut, der entdeckt dahinter einen höchst bewegenden Lebenslauf.
Franziska Horn, Autorin des Buchs „Im Schatten der Achttausender“, hat genauer hingesehen: Zwei Jahre lang hat sie Edurne Pasaban immer wieder getroffen. Interviewt. Bücher und Artikel über das Bergsteigen und die Spanierin gelesen. Wieder interviewt. Auch ihre Familie und Freunde. Marathonartig.
Herausgekommen ist ein einfühlsam geschriebenes Porträt einer starken Frau, die die Gipfel und Abgründe der Welt gesehen hat: Nach ihrem achten Achttausender-Erfolg fällt sie in eine tiefe Depression. Sie versucht – etwas unbeholfen und halbherzig, wie es scheint – sich das Leben zu nehmen. Ruft noch rechtzeitig den Notarzt. Wird gerettet und behandelt.
Edurne Pasabans Geschichte ist eine „zwischen Wollen und Sollen, zwischen den Erwartungen von außen und dem was sie selbst tun möchte“. Da ist der vermeintlich vorgeschriebene Weg im Familienunternehmen. Da sind gesellschaftliche Erwartungen – Heirat, Kinder, das ganze Programm. Und da ist ihre Begeisterung für die Berge. Ihre ersten Erfolge. Die schnell auch Neider auf den Plan rufen.
Franziska Horn erzählt in einem ruhigen, sachlichen Ton. Es ist ein Buch über eine bemerkenswerte Bergsteigerin. – Über eine Frau, die in Spanien frenetisch gefeiert wurde. Über eine Frau, welcher der alpinistische Makel, bei zwei dieser Gipfelbesteigungen Flaschensauerstoff verwendet zu haben, wohl aber auf ewig anhängen wird. Die inzwischen scheinbar damit jedoch umgehen und leben kann.
Es ist auch ein Buch, bei dem die Gipfel hinter der persönlichen Entwicklung Edurne Pasabans allmählich zu Nebenschauplätzen werden: Fast wie im Vorbeigehen heißt es da „Sie erreicht den Gipfel des Nanga Parbat ohne Probleme“. Nur um dann am privaten Tiefpunkt, ihrem Suizid-Versuch, anzugelangen.
Ein Jahr später kehrt Edurne Pasaban zurück zum Berg. An Dynamik gewinnt das dortige Geschehen, als die Medien bald ein vermeintliches Rennen zwischen den drei Frauen, von denen jede „die erste auf allen Achttausendern“ sein könnte, entdecken. Die Spanierin lässt sich von dieser medialen Hysterie für einige Momente mitreißen; schaut später kritisch darauf.
Vieles lernt sie auf ihrem Weg. Zum Beispiel, dass das Bergsteigen eine Schule des Lebens ist. „Du siehst am Berg sehr schnell, wen du vor dir hast. Es gelingt keinem lange, seine nette Seite zu zeigen, wenn er an seine persönliche Grenze gerät“, so Pasaban. Aus eigener Erfahrung weiß sie auch, wie schnell es sich bequem im Sessel sitzen und über andere samt ihrer Expeditionen richten lässt. Doch „dort oben hat das Leben einfach andere Gesetze, und es ist leicht, aus der Ferne Entscheidungen zu kritisieren. Das kann nur, wer dabei ist und die Situation beurteilen kann.“
Die Biografie „Im Schatten der Achttausender. Das zweite Leben der Edurne Pasaban“ ist im AS Verlag erschienen. Umfang 238 Seiten, Hardcover mit Schutzumschlag. In jedem Buchladen oder beim Verlag für 32,90 Euro (D) zu bestellen.
Das Buch “Im Schatten der Achttausender. Das zweite Leben der Edurne Pasaban” hat mir der AS Verlag als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt.
Wer zusätzlich die autobiografische Stimme lesen möchte, hat Gelegenheit dazu im Buch „Catorce veces ocho mil“ von Edurne Pasaban.
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